Das Weberhaus
Ein historisches Wahrzeichen im Herzen Augsburgs
Das im Herzen Augsburgs gelegene Weberhaus verbindet auf einzigartige Weise Geschichte und Gegenwart. Das im Jahr 1389 errichtete Haus diente über viele Jahre als Zunfthaus der Weber. Diese Handwerkszunft spielte im städtischen Leben des Mittelalters eine zentrale Rolle. Sie war nicht nur eine wichtige Institution zum Schutz der wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Handwerker, sondern auch ein Zentrum des Kunsthandwerks.
Veränderung über die Jahrhunderte
Durch Brände, Kriege und städtebauliche Eingriffe hat sich das Weberhaus im Laufe der Jahrhunderte immer wieder gewandelt. Mehrfach wurde es teilweise oder vollständig neu errichtet, und seine Fassadenmalereien spiegelten stets den Stil ihrer Zeit wider. Die letzte Veränderung erlebte das Gebäude 2004; zwischen 2007 und 2008 wurde die Fassade restauriert und prägt seither das heutige Erscheinungsbild.
Die heutige Fassade und ihre Geschichten
Auf den bemalten Fassaden des Weberhauses spiegelt sich die reiche Textiltradition wider, die Augsburg zu einem der bedeutendsten Textilzentren Europas machte. Die heutige Fassade des Gebäudes verbindet in ihren Fresken – das sind direkt auf die Wand gemalte Bilder – die Produktionskultur der Stadt mit mythologischen, historischen und gesellschaftlichen Aspekten. In den Szenen sind griechische Göttinnen, Figuren des Sieges und der Gerechtigkeit, Kriegsszenen und Arbeitsthemen ineinander verwoben; auch der Konflikt zwischen Handarbeit und Mechanisierung wird sichtbar. Mitunter wird die Architektur des Hauses in die Bildkomposition einbezogen und erzeugt eine fast dreidimensionale Bühnenszene. So trifft Mythologie auf Handwerk und Heldentum auf alltägliche Arbeit – das Weberhaus wirkt beinahe wie ein Tempel des Handwerks.
Die Fassaden der Vergangenheit

August Brandes: Rekonstruktion der Freskierung der Ostfassade, 1903. Kunstsammlungen & Museen Augsburg
Anstelle der heutigen Fresken befanden sich dort etwa 300 Jahre lang andere Darstellungen. Im Jahr 1606 schuf der Maler und Architekt Matthias Kager Wandgemälde, in denen venezianische Händler beim Baumwollhandel in osmanischen Gebieten gezeigt wurden – und wie sie diese Waren an Weber in Augsburg verkauften. Diese historischen Szenen wurden im Zuge der Fassadenrestaurierungen im 20. Jahrhundert entfernt und durch die heutigen Kompositionen ersetzt.
Textilarbeit und Migration über die Jahrhunderte
Jahrhunderte später wurde diese Verbindung zwischen Textilarbeit und Migration auf neue Weise wieder sichtbar. In den 1960er Jahren kamen viele türkeistämmige Arbeitskräfte im Rahmen des Anwerbeabkommens nach Augsburg, um in den sich rasch entwickelnden Textilfabriken zu arbeiten. Sie leisteten einen wichtigen Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands. Die Baumwolle, die einst aus dem Osmanischen Reich kam und von Augsburger Webern verarbeitet wurde, wurde Jahrhunderte später durch die Arbeit von Arbeiterinnen und Arbeitern aus der Türkei erneut zum Leben erweckt.
Das Weberhaus ist ein Gebäude, das durch Arbeit geformt, durch Migration geprägt und durch Kunst geschmückt ist. Es bleibt bis heute ein Ort gemeinsamen Erinnerns für alle.
Türkeistämmige Spuren in Augsburg
- Augustusbrunnen: Römisches Erbe in Augsburg und der Türkei
- Weberhaus: Augsburgs Textilerbe und Spuren aus der Türkei
- Kresslesmühle: Ein historisches Gebäude im Herzen Augsburgs – ein Symbol für Zusammenhalt
- Höhmannhaus: Von der Sklavin zur Gräfin – eine osmanische Liebesgeschichte in Augsburg
- Brechthaus: Zwei weltweit bekannte Dichter treffen aufeinander – Spuren in Augsburg und der Türkei
- Mozarthaus: Mozart aus Augsburg und die Klänge des Orients
- Textilviertel: Sie suchten nach Arbeit und fanden eine neue Heimat
- Augsburger Dom: Zwischen Krieg und Kulturerbe: Warum eine osmanische Fahne im Dom hängt
Das Projekt „Meine Stadt – Meine Geschichte“ beschäftigt sich mit der Ausarbeitung und Digitalisierung der migrantisch geprägten Stadtführungen und ist Teil von DIWA 4.0. Das EU-geförderte Projekt DIWA 4.0 unter der Leitung des Büros für gesellschaftliche Integration der Stadt Augsburg setzt sich aktiv für die gleichberechtigte Teilhabe Neuzugewanderter und ein respektvolles Miteinander ein. Mehr Informationen: augsburg.de/diwa



