Das Maximilianmuseum
Augsburger Goldschmiedekunst und ihre Spuren im Russischen Reich
In fast jeder europäischen Residenz und jedem Schloss finden sich Stücke aus Augsburger Goldschmiede-Werkstätten. Die bedeutendste Sammlung außerhalb Deutschlands bewahrt das Kremlmuseum in Moskau in der sogenannten Rüstungskammer auf. Auch im Maximilianmuseum Augsburg sind viele Meisterwerke dieser Kunst zu sehen – darunter Arbeiten, die enge Verbindungen zum damaligen Russischen Reich belegen. Seit dem Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert galt Augsburg als Zentrum der Goldschmiedekunst. Besonders im 17. und 18. Jahrhundert erlebte das Handwerk eine Blütezeit. Um 1788 etwa gab es in der Stadt 166 Goldschmiede – fast so viele wie Bäcker und Metzger zusammen.

Jakob II Planck: Zwei Trinkschalen für Zar Alexej Michailowitsch. (c) Kunstsammlungen und Museen Augsburg
Die größte und am besten untersuchte Sammlung der Augsburger Silberschmiedekunst aus Moskau wurden in zwei großen Ausstellungen “Zarensilber” im Maximilianmuseum und “Freie Reichstadt Augsburg” in Museen der Moskauer Kremlin 2009 gezeigt. Objekte aus Gold und Silber waren typische diplomatische Geschenke. Zum Beispiel, der schwedische König Karl X Gustav (1622-1660) schenkte dem russischen Zaren Alexej Michailowitch (1629-1676) 56 Silberwaren mit einem Gesamtgewicht von 100 Kg.
Ein Teil dieses Geschenks ist heute noch im Maximilianmuseum zu bewundern: zwei vergoldete Trinkschalen, sogenannte Tazzen. Ursprünglich gehörten sie zu einem Ensemble von 24 Schalen, einige davon kamen in die Museen nach Augsburg und Moskau. Verziert sind sie mit kleinen Cupidofiguren, d.h. mit Sinnbildern der „blinden Liebe“.
Auch im Festsaal des Facettenpalastes im Moskauer Kreml spielte Augsburger Silber eine wichtige Rolle. Dort fanden Krönungsbankette statt, bei denen die reich gefüllten Schränke mit Pokalen und Prunkplatten aus Augsburg im Hintergrund glänzten. Viele dieser Objekte sind bis heute in Moskau und St. Petersburg erhalten.

Georg Wilhelm Timm: Krönungsbankett von Alexander II, 1856; Wikipedia
Unter Katharina der Großen (1729–1796) kam es zu einem weiteren Höhepunkt: Sie plante, die Gouvernements des Reiches (Gebietseinheiten) mit prachtvollen Silberservicen auszustatten. Da die Kapazitäten der Werkstätten in Moskau und St. Petersburg nicht ausreichten, bestellte man sechs dieser monumentalen Service in Augsburg – vermittelt durch den Silberhändler Johann Gottlieb Klaucke (1719-1805).

Porträt des Silberhändlers Johann Gottlieb Klaucke. (c) Kunstsammlungen und Museen Augsburg
Jedes Service war für 40 Personen ausgelegt, umfasste etwa 1.000 Einzelteile und wog über 500 Kilogramm. Vier dieser Augsburger Prunkensembles konnten identifiziert werden: für Riga (heute Hauptstadt Lettlands), Charkiw (heute Ukraine), Perm und Olonec. Gestaltet waren sie im Stil des Klassizismus – mit markanten Symbolen wie Bocksköpfen (Riga) oder Zirbelnüssen (Perm). Im Laufe der Zeit wurden die Service in Einzelstücken verkauft oder verschmelzt.
Klaucke selbst vermachte später 400.000 Gulden dem evangelischen Armenkinderhaus, das damals im Gebäude des heutigen Maximilianmuseums untergebracht war.
So verbindet die Augsburger Goldschmiedekunst, die im Maximilianmuseum zu sehen ist, den Glanz der Reichsstadt mit dem Prunk des Zarenhofes.
Russischsprachige Spuren in Augsburg
- Der Königsplatz – Geschichten aus Bronze, Migration und einem verschwundenen Stadttor
- Der Rathausplatz – Als Moskowiten in Augsburg eintrafen
- Das Schaezlerpalais – Kunst zwischen Augsburg und dem Zarenhof
- Die Stadtmetzg – Wie die Kunst Verbindungen schuf
- Die St. Anna – Augsburgs evangelisches Zentrum und eine Brücke nach Russland
- Das Maximilianmuseum – Augsburger Goldschmiedekunst und ihre Spuren im Russischen Reich
- Die Halle 116 – Ein Ort der Verantwortung und des Erinnerns
Ansprechperson
Maria Issinskaya
Russischsprachige, ukrainische Inhalte
Das Projekt „Meine Stadt – Meine Geschichte“ beschäftigt sich mit der Ausarbeitung und Digitalisierung der migrantisch geprägten Stadtführungen und ist Teil von DIWA 4.0. Das EU-geförderte Projekt DIWA 4.0 unter der Leitung des Büros für gesellschaftliche Integration der Stadt Augsburg setzt sich aktiv für die gleichberechtigte Teilhabe Neuzugewanderter und ein respektvolles Miteinander ein. Mehr Informationen: augsburg.de/diwa
