Kresslesmühle; Foto: Alexander Yarmak

Die Kresslesmühle

Ein historisches Gebäude im Herzen Augsburgs – und ein Symbol für Zusammenhalt

Kresslesmühle; Foto: Alexander Yarmak

Kresslesmühle; Foto: Alexander Yarmak

Die Kresslesmühle ist ein bedeutendes historisches Gebäude im Zentrum der Augsburger Altstadt. Das Haus stammt aus dem 16. Jahrhundert und wurde ursprünglich als Handwerkerhaus erbaut. Über viele Jahre hinweg diente es als Wassermühle, die durch die Wasserkraft des Vorderen Lech angetrieben wurde. Bereits 1276 wurde die Mühle in der städtischen Ordnung als Getreidemühle erwähnt und blieb bis in die 1970er-Jahre in Betrieb.

Am 1. April 1970 wurde die Kresslesmühle von der Stadt Augsburg übernommen und zunächst als Unterkunft für Arbeitsmigrant*innen genutzt. Dabei ist bekannt, dass auch türkischstämmige Arbeiter in diesem Gebäude untergebracht waren. Diese Nutzung markiert den Anfang einer neuen Phase in der Geschichte der Kresslesmühle – als sozialer Ort, der Zugewanderten Unterstützung bot und ihnen den Start in ein neues Leben erleichterte.

In den 1970er- und 1980er-Jahren entwickelte sich die Kresslesmühle zu einem wichtigen Ort der Begegnung und des Zusammenhalts für viele türkeistämmige Arbeitsmigrant*innen in Augsburg. In dieser Zeit wurde unter anderem der Verein „Türkischer Schülerhilfe- und Solidaritätsverein“ gegründet, der seine Aktivitäten in der Kresslesmühle durchführte. Ziel des Vereins war es, türkeistämmige Kinder nach dem Schulunterricht zu fördern und zu unterstützen. Gleichzeitig spielte der Verein auch eine verbindende soziale Rolle innerhalb der Community.

Eindrücke eines Vereinstreffens im Assyrischer Mesopotamien Verein Augsburg e.V. mit Hansi Ruile (Leiter der Kresslesmühle). Quelle: Vereinsarchiv.

Eindrücke eines Vereinstreffens im Assyrischer Mesopotamien Verein Augsburg e.V. mit Hansi Ruile (Leiter der Kresslesmühle). Quelle: Vereinsarchiv.

Im Laufe der Zeit fanden einige migrantische Gemeinschaften ihren Platz in der Kresslesmühle. So entwickelte sich unter anderem eine langjährige Zusammenarbeit mit dem Assyrischen Mesopotamien Verein Augsburg e.V., dessen Mitglieder überwiegend aus der Türkei stammen. Durch gemeinsame kulturelle Veranstaltungen und Projekte wurde die Kresslesmühle zu einem wichtigen Symbol für das interkulturelle Zusammenleben in der Stadt. Im Jahr 2006 wurde das Kulturhaus für seinen Beitrag zur kulturellen Vielfalt mit einem Kulturpreis ausgezeichnet.

Im Jahr 1977 wurde die Kresslesmühle offiziell als soziokulturelles Zentrum eröffnet – eines der ersten seiner Art in Bayern. 2015 ging das Gebäude vollständig in den Besitz der Stadt Augsburg über und wurde anschließend umfassend saniert. Zwischen 2016 und 2018 erfolgten zahlreiche bauliche Maßnahmen: Das Haus wurde barrierefrei gestaltet, ein Aufzug installiert und im Obergeschoss ein modernes Bildungshaus eingerichtet.

 

Hansi Ruile, Leiter der Kresslesmühle; Quelle: a.tv.

Hansi Ruile, Leiter der Kresslesmühle; Quelle: a.tv.

Maßgeblich geprägt wurde dieser Wandel durch den langjährigen Leiter Hansi Ruile, der die Kresslesmühle über Jahrzehnte hinweg mit großem Engagement und Weitblick führte. Unter seiner Leitung entwickelte sich das Haus zu einem offenen, interkulturellen Ort, an dem migrantische Perspektiven sichtbar gemacht und kulturelle Vielfalt aktiv gefördert wurden. Er baute enge Beziehungen zu verschiedenem Migranten*innengruppen auf – darunter auch zur türkeistämmigen Community – und setzte sich nachhaltig für deren gesellschaftliche Teilhabe ein. Für viele türkeistämmige Menschen in Augsburg war er nicht nur ein Kulturhausleiter, sondern ein aufmerksamer und empathischer Unterstützer, der ihre Bildungs-, Kultur- und Teilhabeanliegen ernst nahm und sichtbar machte.

Ein in der Kresslesmühle aufgeführtes Theaterstück des Neruda Kulturvereins unter Leitung von Fikret Yakaboylu.

Ein in der Kresslesmühle aufgeführtes Theaterstück des Neruda Kulturvereins unter Leitung von Fikret Yakaboylu.

Heute ist die Kresslesmühle ein lebendiges Zentrum mit rund 250 Veranstaltungen pro Jahr. Sie bringt Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammen und fördert das gemeinsame Leben in Vielfalt. Von Bühnenkunst über Sprachkurse bis hin zu Beratungsangeboten und Seminaren bietet die Kresslesmühle ein breit gefächertes Programm.

Die Kresslesmühle hat sich im Laufe ihrer Geschichte von einer Wassermühle zu einem Ort der kulturellen Vielfalt und gesellschaftlichen Teilhabe entwickelt – ein Ort des Lernens, der Solidarität und des Dialogs, der fest im kollektiven Gedächtnis der Stadt Augsburg verankert ist.


Das Projekt „Meine Stadt – Meine Geschichte“ beschäftigt sich mit der Ausarbeitung und Digitalisierung der migrantisch geprägten Stadtführungen und ist Teil von DIWA 4.0. Das EU-geförderte Projekt DIWA 4.0 unter der Leitung des Büros für gesellschaftliche Integration der Stadt Augsburg setzt sich aktiv für die gleichberechtigte Teilhabe Neuzugewanderter und ein respektvolles Miteinander ein. Mehr Informationen: augsburg.de/diwa

Förderleiste DIWA EU und Stadt Augsburg