Fresken, Weberhaus Augsburg

Das Weberhaus

Eine Brücke zur frühen Geschichte der Ukraine

August Brandes, Das Weberhaus, Rekonstruktion der Bemalung der Ostfassade, Öl auf Leinwand, 1904, Kunstsammlungen und Museen Augsburg

August Brandes, Das Weberhaus, Rekonstruktion der Bemalung der Ostfassade, Öl auf Leinwand, 1904, Kunstsammlungen und Museen Augsburg

An der Ostseite des Weberhauses in Augsburg ist die Schlacht auf dem Lechfeld dargestellt – ein Ereignis von europäischer Bedeutung. Die Szene führt uns ins 10. Jahrhundert, in eine Zeit, in der sich das Heilige Römische Reich formierte und die Kyiwer Rus mit dem Christentum in Berührung kam. Augsburg zählt zu den ältesten Städten Deutschlands und war bereits im 8. Jahrhundert Bischofssitz. Im Jahr 955 besiegte König Otto I. (912-973) – später Kaiser des Heiligen Römischen Reichs – mit der Unterstützung des Augsburger Bischofs Ulrich (890-973) die Magyaren (ungarische  Stämme) in der sogenannten Schlacht auf dem Lechfeld . Dieses Ereignis sicherte langfristig die Reichsgrenzen und gilt als Wendepunkt in der europäischen Geschichte.

Rasdvill Chronik: Olga in Konstantinopol, 15. Jh.

Rasdvill Chronik: Olga in Konstantinopol, 15. Jh.

Zur selben Zeit wandte sich die Großfürstin Olga (ca. 890-969) von der Kyjiwer Rus  – ein damals noch heidnisches Herrschaftsgebiet – zunehmend dem Christentum zu. Sie reiste mehrfach nach Konstantinopel  (Damals die Hauptstadt des Byzanz, heute Istanbul) und wurde dort, nach heutiger Forschung, in der Nacht vom 17. auf den 18. Oktober 957 getauft.

Im Anschluss an ihre Taufe bemühte sich Olga um eine stärkere Anbindung an den Westen. Sie schickte  eine Gesandtschaft an Otto I. mit der Bitte, einen Bischof und Priester nach Kyjiw  zu senden. Der König kam dieser Bitte nach und entsandte im Jahr 961 Bischof Albertus I. (910-981), später bekannt als Adalbert  von Magdeburg „für das Volk der Rugier“.

Die Mission in Kyjiw jedoch scheiterte. Einige Begleiter Adalberts wurden getötet, der Bischof selbst konnte sich nur mit Mühe retten. 962 kehrte er nach Deutschland zurück, wo ihn der König freundlich empfing. Die Chroniken notieren dazu: „Der fromme Erzbischof Wilhelm nahm ihn wie einen Bruder auf und versorgte ihn mit allem, um ihn für die schwere Reise zu entschädigen, die er ihm auferlegt hatte.”

Historiker deuten diese Ereignisse als Zeichen der politischen und religiösen Suche  des Kyjiwer Reichs zwischen Rom und Byzanz. Schon zuvor hatten die Mährer (westslawische  und Bulgaren versucht, ihre Position zwischen den beiden Machtzentren des Christentums diplomatisch zu nutzen.

Der Versuch Olgas, ihr Reich über den Westen zu christianisieren, blieb ohne Erfolg. Ihre Rolle in der Politik trat in den Hintergrund. Erst 988 wurde die Kyjiwer Rus  unter ihrem Enkel Wladimir dem Großen (960-1015) offiziell christlich – diesmal durch die Ostkirche. Diese Begebenheiten zeigen eindrücklich, wie eng europäische Geschichte Ost- und Westeuropas verflochten ist . Sie verbinden die Stadt Augsburg mit der frühen Geschichte der Ukraine – über Kaiser Otto I., die Schlacht auf dem Lechfeld und den gescheiterten Versuch einer westlichen Christianisierung der Kyjiwer Rus.


Das Projekt „Meine Stadt – meine Geschichte“ beschäftigt sich mit der Ausarbeitung und Digitalisierung der migrantisch geprägten Stadtführungen und ist Teil von DIWA 4.0. Das EU-geförderte Projekt DIWA 4.0 unter der Leitung des Büros für gesellschaftliche Integration der Stadt Augsburg setzt sich aktiv für die gleichberechtigte Teilhabe Neuzugewanderter und ein respektvolles Miteinander ein. Mehr Informationen: augsburg.de/diwa

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