Rathausplatz von oben

Der Rathausplatz

Als Moskowiten in Augsburg eintrafen

Rathausplatz Augsburg im 15. Jahrhundert

Rathausplatz Augsburg im 15. Jahrhundert; Kunstsammlung und Museen Augsburg.

Der Rathausplatz gilt als das Herz Augsburgs – ein bedeutender Ort seit dem Mittelalter. Seit dem 21. Juni 1156 war Augsburg Freie Reichsstadt. Auf diesem zentralen Platz stand das Rathaus. Hier traf der Stadtrat alle wichtigen politischen Entscheidungen. Über dem Rat stand nur noch der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

In dem gotischen Vorgängerbau des heutigen Rathauses fanden Reichstage statt.  Das heißt: Das ganze Reich mit allen Herzögen, Fürsten und der reichsten Handelsfamilien sowie die Gesandten aus dem ganzen Reich kamen in die Stadt. Besonders im 16. Jahrhundert war Augsburg eines der wichtigsten politischen Zentren Europas: In diesem Jahrhundert tagte das Reich hier ganze dreizehn Mal.

Bild eines russischen Gesandten, KI generiert

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Im Jahr 1582 traf eine russische oder oft genannt moskowitische Gesandtschaft unter der Leitung von Jakob Moljaninov in Augsburg ein, um bei Kaiser Rudolf II. (1552-1612) vorzusprechen. Die neun Gesandten überbrachten eine Botschaft von Zar Iwan IV. (1530-1584), in Russland als „der Schreckliche“ bekannt.

Laut der Augsburger Chronik waren die Abgesandten in Pelz gekleidet, trugen Pelzmützen und führten Waffen mit sich. Der Kaiser ließ sie getrennt von der übrigen Bevölkerung unterbringen.

Ein wichtiges Ziel der russischen Gesandtschaft war die Aufhebung eines Waffenverbots, das während des Livländischen Krieges gegen Moskau verhängt worden war. Dieser Krieg betraf das Gebiet der heutigen baltischen Staaten (Estland, Lettland und Litauen).

Karte Livland im XVI. Jh., Quelle: Wikipedia

Karte Livland im XVI. Jh., Quelle: Wikipedia

Die Delegation wurde vom päpstlichen Gesandten Antonio Possevino (1533-1611) begleitet, der zuvor beim Zaren in Russland gewesen war. Zar Iwan IV. war bereit, sich dem Bündnis des Papstes und der westeuropäischen Länder gegen das Osmanische Reich anzuschließen.

Der Vortrag der Gesandten erwies sich jedoch als schwierig: Einer sprach ausschließlich moskowitisch, ein anderer nur Latein – eine Verständigung war kaum möglich.

Die Begegnung mit den russischen Gesandten macht deutlich, wie sehr Augsburg einst im Zentrum europäischer Geschichte stand. Der Rathausplatz war nicht nur ein Ort städtischer Verwaltung, sondern Schauplatz großer Politik, die weit über die Grenzen Europas hinausreichte.


Das Projekt „Meine Stadt – Meine Geschichte“ beschäftigt sich mit der Ausarbeitung und Digitalisierung der migrantisch geprägten Stadtführungen und ist Teil von DIWA 4.0. Das EU-geförderte Projekt DIWA 4.0 unter der Leitung des Büros für gesellschaftliche Integration der Stadt Augsburg setzt sich aktiv für die gleichberechtigte Teilhabe Neuzugewanderter und ein respektvolles Miteinander ein. Mehr Informationen: augsburg.de/diwa

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