Internet wichtiger Faktor in Augsburger Unterkünften

Informieren, Lernen, sich mit Anderen vernetzen. Das Internet ist im 21. Jahrhundert nicht mehr wegzudenken. Es beeinflusst unsere Lebensqualität, soziale Interaktionen, Bildungschancen und die Teilhabe an gesellschaftlichen Ressourcen wie dem Arbeitsmarkt.

Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie mit Ausgangsbeschränkungen und weniger Kontakten, zeigt sich die Wichtigkeit einer Anbindung an Internet und World Wide Web. Doch für viele der Geflüchteten in Augsburg ist ein funktionierender Internetanschluss leider keine Selbstverständlichkeit. Obwohl Tür an Tür seit 2016 in Augsburg 6 von 12 Gemeinschaftsunterkünften mit Internet versorgt, wird derzeit deutlich, wie bedeutend der Internetzugang für alle Geflüchteten wäre. Besonders in der Isolation ist das Internet wichtig, um Zugang zu Informationen zu erhalten, die nicht nur den Alltag erleichtern, sondern im Falle gesundheitlicher Aufklärung sogar lebenswichtig sein können. Nicht umsonst ist das Recht des Einzelnen auf Zugang zu Medien und Informationen in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Art. 19) verbrieft.

Vermehrt wird darauf verwiesen, dass sich die meisten Asylbewerber*innen „mobiler Lösungen bedienen“ und sich damit „selbstständig Zugang zum Internet verschaffen“. 37,68 Euro im Monat für „Nachrichtenübermittlung“ sind für alleinstehende, erwachsene Asylbewerber*innen vorgesehen. Davon sollen sich die Geflüchteten selbst einen Internetzugang organisieren – inklusive Telefongebühren und Briefversand. Das sagt das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), doch in der Realität scheitert es nicht unbedingt am Geld, sondern vor allem an der technischen Realisierbarkeit.

Speziell die zentralen Gemeinschaftsunterkünfte befinden sich oft in ehemaligen Gewerbeimmobilien und waren ursprünglich nicht für eine Vielzahl von Wohneinheiten gedacht. In Augsburg trifft das auf alle als Gemeinschaftsunterkünfte genutzten Gebäude zu. Dadurch kommt es zu mindestens drei elementaren Einschränkungen: in den einzelnen meist in der Zeit um 2015/2016 eingerichteten Wohneinheiten gibt es keine Möglichkeit für einen eigenen Internet- oder Telefonanschluss. Gleichzeitig verfügt die gesamte Immobilie nur über weniger als ein Dutzend Anschlüsse im Keller, die Telekom, M-NET oder andere Anbieter überhaupt bespielen können. Durch massive Wände und hohen Brandschutzmaßnahmen sind außerdem die Empfangsqualitäten im Gebäude gedämpft. Mobilfunkverträge haben entweder gar keine Internetverbindung oder lediglich eine sehr niedrige Übertragungsrate und sind somit nur in Einzelfällen eine Alternative.

In Augsburg setzt sich Tür an Tür seit 2016 für den Ausbau von Internet und WLAN in den zentralen Unterkünften ein. Vor allem dort, wo es für die Bewohner*innen schlichtweg nicht möglich ist einen eigenen Anschluss einzurichten, selbst wenn sie es wollten. Finanziert wird das Projekt bisher aus eigener Tasche, aus Spenden und mit ehrenamtlicher Unterstützung. 6 von 12 zentrale Unterkünfte der Regierung von Schwaben sind mittlerweile versorgt. Rund 13.000 Euro wurden nur für Material investiert. Pro Jahr kommen für die sechs Unterkünfte laufende Kosten i.H.v. 3600 Euro an die Anbieter Telekom, 1&1 und M-Net hinzu. Personal- und Wartungskosten sind dabei nicht eingerechnet. Durch einen monatlichen Beitrag von 5 Euro können die Nutzer*innen das Internet für 36 Tage uneinschränkt nutzen. Mit den Einnahmen sollen langfristig weitere Unterkünfte finanziert und das Projekt Jahr für Jahr weiter zu einer schwarzen Null geführt werden. Der Verkauf der Zugangs-Voucher erfolgt zentral über das Café Tür an Tür zu dessen Öffnungszeiten.

Während der Corona-Pandemie ist das Internet kostenlos nutzbar. Laufende Kosten werden von Tür an Tür getragen. Im Falle der maximalen Auslastung der derzeit mit Internet versorgten Gemeinschaftsunterkünfte könnten rund 65% der Geflüchtete von einem Internetangebot profitieren – auch wenn es nur ehrenamtlich und von Tür an Tür in Eigenregie realisiert wird. Um weitere Unterkünfte auszurüsten und den bisherigen Betrieb auf ein nachhaltiges Fundament zu stellen, fehlt es vor allem an finanziellen Mitteln. Neben Spenden für das Projekt (https://tuerantuer.de/spenden/) sind auch „Patenschaften“ durch Einzelpersonen oder Unternehmen für einzelne Unterkünfte zur Deckung der laufenden Kosten denkbar (600€ pro Jahr pro Unterkunft) oder ein politischer Wille, der Internetanbindung und WLAN als Grundbedürfnis der Menschen anerkennt und entsprechende Unterstützungsmaßnehmen in die Wege leitet.

Immerhin: Der jüngst veröffentlichte schwarz-grüne Koalitionsvertrag für Augsburg plant die WLAN-Versorgung für alle dezentralen, in städtischer Zuständigkeit liegenden Unterkünfte.

Im Falle der maximalen Auslastung der Unterkünfte könnten rund 65% der Geflüchtete von einem Internetangebot profitieren – auch wenn es nur ehrenamtlich und von Tür an Tür in Eigenregie realisiert wird.