Rassismus ist keine Alternative. Augsburg ist bunt!

Augsburg ist bunt. Über 6000 Menschen haben am vergangenen Wochenende ein Zeichen für Offenheit, Toleranz und Vielfalt gesetzt. Auf dem Rathausplatz fand die größte Kundgebung statt und mittendrin war neben Sportvereinen, Verbänden und Wohlfahrt auch Tür an Tür vertreten. Die Rede von Thomas Körner-Wilsdorf, Gründungsmitglied und Vorstand des Vereins, können Sie hier nachlesen:

Rede auf dem Rathausplatz am 30.6.18, 15.00 Uhr

Die Demonstration heute war so bunt, so engagiert, so selbstbewusst und von ganz vielen unterschiedlichen Gruppen getragen. Diese Demo war für mich eine der schönsten seit Jahren. Auch der Rathausplatz voller Menschen von überall her macht Mut und gute Laune. Ein herzlicher Dank an alle Organisatoren!

Der Verein Tür an Tür engagiert sich hier in Augsburg für ein friedliches und soziales Miteinander. Wir heißen nicht nur „Tür an Tür – miteinander wohnen und leben“, wir meinen  das so und leben das auch so – seit mehr als 25 Jahren.

Die AfD lenkt die bundesweite Aufmerksamkeit auf Augsburg und damit auch auf das politische Engagement seiner Bürgerinnen und Bürger. Die AfD warnt vor Zuwanderung und kultureller Vielfalt. Beides ist in Augsburg seit langem unspektakulärer Alltag. Fast 50 % aller Augsburgerinnen und Augsburger haben eigene Migrationserfahrungen. Unser Augsburg ist seit langem weltoffen, bunt, interessant, vielkulturell, mehrsprachig und tolerant. Augsburger sind Weltbürger! Viele engagieren sich dafür und darauf sind wir stolz.

Bei uns darf es nicht so weit kommen wie in den USA und in England, wo die Gesellschaft bereits in Teile zerbrochen ist. Dort bleiben die Einzelnen in ihren sozialen Gruppen unter sich. Sie sind in ihrer Blase gefangen und ihre Lebenserfahrungen kreisen nur noch um sie selbst. Der Klebstoff, der die Gesellschaft zusammenhält, also der lebendige soziale Austausch in der ganzen Vielfalt der Gesellschaft, ist dort verloren gegangen.

Was können wir tun um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken? Dazu zwei Beispiele:

Erstens, das Café Tür an Tür. Wichtig sind direkte persönliche Begegnungen in gemeinsamen sozialen Räumen. Im Café Tür an Tür begegnen sich Zuwanderer und alteingesessene Augsburger. Sie essen und trinken gemeinsam, sie lernen oder erklären dort Deutsch und den Umgang mit Computern. Sie kochen, stricken oder nähen zusammen. Gemeinsame Aktivitäten lassen immer Beziehungen und manchmal auch Freundschaften entstehen. Schafft überall solche Räume der Begegnung!

Wichtig sind ernsthafte und offene politische Diskussionen. Dazu veranstalten wir den „Asylpolitischen Stammtisch“. Unsere Themen sind Flucht und Vertreibung, Menschenrechte und Menschenwürde, gute Beispiele aus der Praxis und Kritik an der aktuellen Asylpolitik. Wir wollen Informationen und Erfahrungen austauschen und wir wollen Standpunkte anderer ernst nehmen. Wir üben dabei Kritik und Selbstkritik. Wir suchen Facts statt Fake-News. Und wir wollen für die gute Sache streiten. Auch hier und jetzt.

Deshalb ist es wichtig, alle Redner sprechen zu lassen und ihnen zuzuhören. Auch hier auf dem Rathausplatz. Das soll doch gerade der Unterschied zwischen Toleranz und AfD sein.

Es ist besonders wichtig, dass gerade jetzt alle gesellschaftlichen Institutionen aktiv für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie streiten. Jugendorganisationen, Schulen, Sportvereine, Stadtteilinitiativen, Kirchenchöre – wer auch immer – diskutiert und engagiert euch jetzt für eine offene, gerechte und menschenfreundliche Welt!

Von den deutschen und den europäischen Politikerinnen und Politiker fordern wir dasselbe. Nehmt Demokratie und Menschenwürde ernst! Bekämpft Fluchtgründe und nicht die Flüchtlinge! Schützt die Flüchtlinge und nicht egoistischen Nationalismus! Sorgt für sozialen Ausgleich und faire Entwicklungschancen! Sucht den Kompromiss und löst politische Konflikte friedlich! Hetzt nicht! Spaltet nicht! Arbeitet zusammen!

Jetzt noch ein spezielles Grußwort an die CSU und von diesem Grußwort möchte ich unseren Oberbürgermeister, Kurt Gribl, ausdrücklich ausnehmen. Herr Seehofer, Herr Söder und Herr Dobrindt, der aktuelle Kurs der CSU erspart der AfD die Werbeagentur! Migrationspolitik ist wichtig, aber nicht das einzige Thema. Bildung, Pflege, Energieversorgung, Verkehr, Armut, Steuerflucht, Wohnungsbau, Digitalisierung, Ökologie und Familie kommen in der politischen Diskussion kaum noch vor. Das Zuspitzen der politischen Arbeit auf ein winziges Detail, das politische Spalten in Deutschland und das Zündeln in Europa ist ein furchtbares und geschichtsvergessenes Politikversagen.

Herr Seehofer, Herr Söder, Herr Dobrindt, die CSU verliert schon jetzt an Zustimmung und sie wird bei den Wahlen sehr wahrscheinlich noch mehr Stimmen verlieren. Hört endlich auf mit dieser dummen Strategie und schämt euch! Die Welt braucht mehr Vernunft und Weitsicht und weniger Trumpeleien!

Wer mehr darüber wissen möchte, wie in Augsburg soziales Miteinander organisiert wird, dem empfehle ich dieses schöne grüne Buch. In „Flucht, Migration und Bürgerengagement“ werden 40 Integrations-Projekte präsentiert. Das Buch gibts im Buchhandel oder im Café Tür an Tür. Dankeschön!

Thomas Körner-Wilsdorf, Vorstand Tür an Tür – miteimander wohnen und leben e.V.