Damit Arzt und Patient sich verstehen

TrialogIn einem Fallbeispiel zeigen zwei SprInt des SprIntpool Wuppertals und eine Psychotherapeutin, warum Sprach- und Integrationsmittler/-innen für eine erfolgreiche Behandlung wichtig sind. Dazu stellen sie eine typische Trialog-Situation bei einem Arztbesuch dar.

 

Augsburg, 27.11.2012

Von Joshena Dießenbacher

In einem Fallbeispiel zeigen zwei SprInt und eine Psychotherapeutin, warum Sprach- und Integrationsmittler/-innen für eine erfolgreiche Behandlung wichtig sind.

Er ist immer müde, hat Kopf- und Magenschmerzen und auch psychisch geht es ihm schlecht. Hicham Yessef ist verzweifelt, er weiß nicht, was mit ihm los ist – und erhofft sich Hilfe von der Psychotherapeutin Monika Schröder vom LVR-Klinikum Düsseldorf. Er nimmt Tabletten, von denen er gar nicht weiß, wofür, verschrieben von einem Arzt, den er nicht verstanden hat, kein einziges Wort. Denn Yessef spricht nicht deutsch, sondern arabisch. Er ist Asylbewerber hier in Deutschland und auf Hilfe und gute medizinische Betreuung angewiesen. Die bekommt er nun bei Monika Schröder, die zu dem Therapietermin einen SprInt hinzugerufen hat, der alles übersetzt.

Dies ist eine Situation, wie sie die Psychotherapeutin Schröder oft erlebt. Aber: Sie ist gespielt, es handelt sich um einen „Trialog“, den die Therapeutin und zwei professionelle SprInt im Zeughaus Augsburg bei einer Informationsveranstaltung zum Thema Sprach- und Integrationsvermittlung (SprInt) im Gesundheitswesenvorspielen. Tür an Tür Integrationsprojekte gGbmH, Projektkoordinator von „SprInt Augsburg“, hat die drei Experten aus Düsseldorf und Wuppertal eingeladen, um von ihren praktischen Erfahrungen mit Sprach- und Integrationsmittlung zu erzählen. Denn das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geförderte Projekt „SprInt Augsburg“ soll erreichen, was es zum Beispiel in Wuppertal oder Aachen schon gibt: Dass auch Augsburg bald einen Pool an professionellen Sprach- und Integrationsmittler/-innen hat und Wege gefunden werden, dies zu finanzieren.

Im nordrhein-westfälischen Wuppertal bei Düsseldorf funktioniert SprInt sehr gut. Das Anschubprojekt lief von 2009 bis 2010 und wurde gefördert durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aus Mitteln des Europäischen Integrationsfonds sowie durch die Jobcenter Wuppertal und Bottrop. Seither gibt es einen so genannten „SprIntpool“, in dem knapp 20 Sprach- und Integrationsmittler/-innen zusammen geschlossen sind. Sie sprechen arabisch, berberisch, russisch, türkisch, romanes, tamil und noch viele weitere Sprachen. Rund 150 Kunden aus dem Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen nehmen die Dienstleistung des SprIntpools in Wuppertal in Anspruch.

So beispielsweise Monika Schröder, die Mitarbeiterin der Transkulturellen Ambulanz der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des LVR-Klinikums Düsseldorf ist. Sie behandelt unter anderem viele Migranten. Menschen, die Schlimmes erlebt haben und hier in Deutschland professionelle Hilfe brauchen. Sie sagt: „Ohne Sprach- und Integrationsmittler könnte ich diesen Menschen nicht wirklich helfen“. Schröder arbeitet deshalb häufig mit SprInt zusammen. Zu der Informationsveranstaltung nach Augsburg ist sie mit den SprInt Halim Al-Mahmud und Hicham Yessef aus Wuppertal gekommen. Im gespielten Trialog der drei wird klar, wie effektiv eine Behandlung mit SprInt ist.

 

Trialog-Hicham-Yessef

Hicham Yessef, der den Patienten spielt, sagt auf Arabisch, er sei bei einem Arzt gewesen, der irgendwas an seinem Kopf gemacht und ihm diese Tabletten verschrieben habe. Mithilfe des SprInt Halim Al-Mahmud versteht Schröder ihn – und umgekehrt. Erst einmal erklärt die Therapeutin ihm, dass es sich bei den Tabletten um Antidepressiva handelt und will wissen, ob er sie regelmäßig nimmt. Gerade nicht, sagt der Patient Yessef, denn es sei Ramadan. Zusammen mit dem SprInt kommen die Beiden zu einer Lösung, wie Yessef im Fastenmonat Ramadan Medikamente weiter nehmen könne, ohne dass das die islamische Religion verletzt.

Ob er noch irgendwas von dem Arzt mitbekommen habe, will Schröder dann wissen. Yessef kramt in seiner Tasche und zeigt einen Brief, dessen Inhalt ihm gänzlich unverständlich ist. Doch darauf steht etwas Wichtiges, nämlich, dass bei ihm Verdacht auf Epilepsie besteht und er zu einem Nachfolgetermin kommen muss. Yessef reagiert erst einmal überrascht und ungläubig. Er habe schon gedacht, er sei von „Dschinn“ besessen. Der SprInt erklärt der Therapeutin: „Dschinn“ ist eine Art Geist, ein Fabelwesen aus der arabischen Mythologie, das im Koran erwähnt wird. Monika Schröder kann Yessef beruhigen und ihm erklären, wie die Behandlung ab jetzt weitergehen wird. Am Ende des Gesprächs ist der Patient sehr dankbar: Endlich hat er verstanden, worum es geht und wie es mit ihm weiter geht. Auch die Therapeutin ist zufrieden: Sie konnte helfen, hat keine Fehldiagnose gestellt und nicht unnötig Zeit mit Verständigungsschwierigkeiten verloren.

Der Trialog zeigt, dass beim Zusammentreffen zwischen deutschen Fachkräften und Menschen mit Migrationshintergrund oftmals nicht nur Sprachbarrieren, sondern auch kulturelle Feinheiten die Kommunikation erschweren, denn jede Kultur und jedes Land hat eigene Redewendungen, Bräuche und auch andere Tabus und Scham-besetzte Themen. Professionelle Sprach- und Integrationsmittler/-innen lernen all das in der Ausbildung kennen, falls sie es nicht sowieso schon wissen, weil sie selbst aus dem Land kommen. Der in Wuppertal tätige SprInt Halim Al-Mahmud beispielsweise ist aus Syrien, seine Muttersprache arabisch. Er weiß durch seine Herkunft und Ausbildung als SprInt um die kulturellen Feinheiten nicht nur in Syrien, sondern im weiteren arabischsprachigen Raum – und kann so viele Missverständnisse ausräumen. „Wichtig bei meiner Arbeit ist auch die Distanz und die absolute Schweigepflicht“, sagt der 44-Jährige, und: Dass sein Beruf ihm große Freude mache, weil er Menschen helfen und Integration fördern könne.