Heim[at] Augsburg? Bus-Shuttle-Tour zu Asylunterkünften

Im Mai 1996 veröffentlichte der Verein Tür an Tür ein Diskussionspapier zum Thema „Bayerische Mindeststandards für die Unterbringung von Flüchtlingen“. Im Zuge der Veranstaltungen rund um das 25-jährige Jubiläum von Tür an Tür fand am 20. Mai zu diesem Thema eine Bus-Shuttle-Tour statt. Die zentrale Frage lautete: Wie sieht eine gute Unterbringung von Geflüchteten aus? Innerhalb des Diskussionspapiers von 1996 wurde beispielsweise festgelegt, dass bei den Gemeinschaftsunterkünften jeder Person mindestens 8 Quadratmeter private Wohnfläche zur Verfügung stehen sollen. Doch wie sieht es in der Realität aus? Unter den Teilnehmenden der Tour waren Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, Bürgermeister Dr. Stefan Kiefer und der Regierungsvizepräsident von Schwaben, Josef Gediga.

Unsere Fahrt beginnt in der Wertachstraße 29, direkt bei Tür an Tür. In gemütlicher Atmosphäre treffen sich alle Mitfahrenden im Café bei Kaffee und Butterbrezen. Hier folgen bereits vor der Fahrt die ersten Inputs. Begrüßt werden die Gäste von Matthias Schopf-Emrich, einer der fünf Vereinsvorstände von Tür an Tür. Anschließend spricht Robert Kern, Leiter des Fachbereichs Wohnen und Unterbringung, über die aktuelle Situation in Augsburg. Zurzeit sind 1095 Geflüchtete in 44 dezentralen Unterkünften untergebracht. Das Thema Familiennachwuchs bereitet dem Fachbereichsleiter aber große Sorgen. „Wir rechnen mit über 3000 weiteren Personen“, so Kern.

Unsere Stationen

Anschließend beginnt die Fahrt, unser erster Halt ist das Haus Noah in der Friedrich-Ebert-Straße. Dort werden in vier neuen Caritas-Häusern in naher Zukunft über 60 Geflüchtete einziehen.

Beim nächsten Halt an der Alten Flugplatzheide in Haunstetten empfängt uns Dr. Kiefer. Hier soll eine neue Wohnbauanlage für Geflüchtete entstehen. Dieses Vorhaben wird bereits seit einigen Monaten heftig diskutiert, da der Bund Naturschutz in Bayern die Heide in Gefahr sieht. Die Regierung von Schwaben hat die Baugenehmigung für das Vorhaben am Bischofsackerweg aber letztendlich erteilt. Somit werden innerhalb der kommenden Monate neue Wohnmöglichkeiten für knapp 200 Personen entstehen. „Wir brauchen Wohnungen für Flüchtlinge. Da beißt die Maus keinen Faden ab“, so der Bürgermeister.

In der Rosenaustraße – unserem dritten Halt – wird ein anderes Unterbringungsmodell angewendet. Es ist zielgruppenbezogen und richtet sich ausschließlich an junge Männer, die eine Ausbildung machen oder berufstätig sind. Das Thema Arbeit und Ausbildung wird hier klar in den Mittelpunkt gestellt und die damit verbundene Bedeutsamkeit zu einer gelungenen Integration verdeutlicht. Das ehemalige Bürogebäude in Bahnhofsnähe wurde aus diesem Grund umgebaut und bietet nun knapp 40 Männern Platz. Josefine Steiger von der Industrie und Handelskammer Schwaben betonte die gelungene Wohnsituation in der Rosenaustraße. „Das Zusammenleben auf engem Raum funktioniert und die Männer haben genug Ruhe, um zu lernen“, so Steiger. Diesen Eindruck hatten auch die Besucher und Besucherinnen vor Ort. Durch das Zimmer von Mohammad Zaaweb Ahmadzai konnte man sich einen kurzen Einblick verschaffen. Zwischen den beiden Einzelbetten steht ein vollbepackter Schreibtisch. Mohammad ist fleißig am Lernen, er macht zurzeit eine Ausbildung zum Fachinformatiker in Augsburg. „Ich bin seit 3 ½ Jahren in Deutschland und sehr froh, hier wohnen zu dürfen“, so der 23-jährige Afghane.

Unser letztes Ziel für heute ist die Gemeinschaftsunterkunft in der Ottostraße, gleich in der Nähe von Tür an Tür. Wir möchten erfahren, wie der Alltag für 150 Personen in einer staatlichen Unterkunft aus Sicht der Akteure und Bewohnenden aussieht. Hier begrüßen uns Brigitte Zinsmeister vom Caritasverband der Diözese Augsburg und die Hausleiterin der Gemeinschaftsunterkunft in der Schülestraße, Helga Piltz. Beide Frauen loben das gut funktionierende Team vor Ort und die hohen Standards der Unterkunft. Anschließend führt uns der Hausmeister Johannes Gernert durch die Unterkunft. Während des Rundgangs treffen wir auf Bewohnerinnen und Bewohner, welche uns ihre selbstgenähte Kleidung und das frisch gekochte Mittagessen zeigen.

Zum Schluss berichtet Klaus Raukuttis vom Unterstützerkreis in der Ottostraße. Zurzeit seien es 15 Personen, welche gezielte und individuelle Unterstützung anbieten. Das ist aber für die Anzahl der Bewohnenden und die Aufgaben nicht ausreichend und jede helfende Hand ist gerne gesehen. „Als Unterstützer kann man viel bewirken, man braucht allerdings einen langen Atem“, so Raukuttis.

Weitere Unterstützungsmöglichkeiten

Neben Zugang zu Arbeit, Ausbildung oder Sprachförderung ist die Suche nach der eigenen Wohnung aktuell wohl eine der größten und schwierigsten Aufgaben für Geflüchtete. Sobald sie einen Aufenthaltstitel haben, erhalten die Geflüchteten von der Regierung von Schwaben die Aufforderung, aus der Gemeinschaftsunterkunft auszuziehen. Der Kampf um den heiß begehrten Wohnungsmarkt beginnt. Ein Großteil der Betroffenen steht somit vor neuen und großen Herausforderungen: Wie und wo finde ich eine passende Wohnung?

Das neue Wohnprojekt der Tür an Tür – Integrationsprojekte gGmbH in Kooperation mit der Stadt Augsburg und der Diakonie soll Ehrenamtliche in Form von Mietbefähigungskursen unterstützen, Geflüchtete bei der Wohnungssuche zu begleiten und zu koordinieren.

Wie Sie sich konkret engagieren können:

– Unterstützung bei der Wohnungssuche
– Vorbereitung auf Besichtigungstermine
– Hilfe beim Umzug
– Begleitung zu Ämtern und Behörden
– etc.

Ansprechpartnerin:

Corinna Höckesfeld
Freiwilligenkoordination im Bereich Wohnen
Tür an Tür – Integrationsprojekte gGmbH
Wertachstr. 29
86153 Augsburg
Mobil:   0152 – 210 937 77
corinna.hoeckesfeld@tuerantuer.de